Die Lehren der Pandemie
Seit mehr als einem Jahr wütet Covid-19. Für Anleger ist es an der Zeit, grundsätzliche Fragen zu stellen. Die Antworten dürften überraschen.
Wir alle haben in der Pandemie einiges gelernt. Über Gesundheit, den Wert von menschlichen Kontakten. Mit Blick auf die Geldanlage waren die vergangenen Monate ebenfalls sehr lehrreich. Auch aus Sicht eines Anlegers, der schon einiges erlebt hat. Dabei geht es um sehr grundsätzliche Dinge.
Erfahrung und Expertise sind wichtige Eigenschaften, um relevante Informationen von bloßen Geräuschen trennen zu können. Erfahrung ermöglicht einen intuitiven Vergleich mit historischen Entwicklungen und die Ableitung möglicher Konsequenzen. In Zeiten eines sehr dynamischen Wandels, mit rapiden und weitreichenden Veränderungen der Wirtschaftsstruktur und einzelner Branchen birgt sie aber auch das Risiko, historische Entwicklungen als Blaupause oder zumindest als Richtschnur für die Zukunft zu verwenden.
Der irrtümlich Mark Twain zugeschriebene Satz: "Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich" stimmt leider nicht immer. Manchmal reimt sich die Geschichte eben doch nicht. Die Corona-Pandemie hat eindrucksvoll gezeigt, dass sich die Dinge auch völlig anders als in früheren Krisen entwickeln können. Erfahrung hat da nicht immer geholfen, wie der Autor dieses Textes erleben durfte. Zusätzlich bedarf es der Adaption. Das bedeutet: Die eigene Erfahrung ist mit neuen Erkenntnissen in Einklang zu bringen, ohne dabei die eigene Investmentphilosophie über den Haufen zu werfen.
Bei jüngeren Investoren, die im Zeitalter der Digitalisierung mit neuen Geschäftsmodellen aufgewachsen sind, ist die Adaptionsfähigkeit im derzeitigen Umfeld das kleinere Problem. Zumindest wenn sie über genügend Expertise verfügen, um die zukünftigen Ertragspotenziale eines Unternehmens einschätzen und bewerten zu können. Auch bei den aussichtsreichsten Unternehmen gelten schließlich die Regeln von Risiko und Ertrag, selbst wenn deren Aktien unaufhörlich zu steigen scheinen.
Erfahrung + Adaption + Expertise
Insofern waren die vergangenen Monate sowohl für erfahrene als auch weniger erfahrene Investoren oder Analysten sehr lehrreich. Erstere waren von der Resilienz vermeintlich riskanter Unternehmen aus dem Technologiebereich überrascht. Letztere davon, dass die Kurse der geliebten Highflyer auch mal fallen können. Es gilt, die Neugier auf neue Geschäftsmodelle und aufstrebende Unternehmen mit der Expertise zu kombinieren, deren zukünftige Ertragspotenziale und Risiken möglichst realistisch einzuschätzen und angemessen zu bewerten.
Dabei begrenzen die fünf Postulate unseres Investment-Pentagramms mögliche Auswirkungen der eigenen Fehlbarkeit. Neben einer ausgewogenen Diversifikation ist dies vor allem die Fokussierung auf Qualität und eine angemessene Bewertung.
Da Aktien mangels Alternativen zukünftig im Rahmen der Vermögensallokation an Bedeutung gewinnen werden, wird die Diversifikation innerhalb des Aktienbereichs noch wichtiger. Dabei geht es vor allem um eine ausgewogene Mischung von krisenfesten und wachstumsstarken Unternehmen oder im Idealfall von Unternehmen, die beides miteinander kombinieren. Entscheidend ist in jedem Fall, dass die zukünftigen Unternehmenserträge, unter Berücksichtigung einer angemessenen Risikoprämie, noch nicht vollumfänglich im heutigen Kurs enthalten sind.
Die Dynamik des Anlageumfelds dürfte uns auch nach dem Ende der Pandemie erhalten bleiben. Dies gilt nicht nur für einzelne Branchen oder Unternehmen, sondern auch für die Fiskal- und Geldpolitik, weshalb auch unser Anlageweltbild ständig überprüft werden muss (und wird).
Die Zinsen bleiben niedrig
Dabei zeigt sich: Unser Weltbild hat auch nach Corona Bestand. Aktien bleiben unserer Meinung nach weiterhin langfristig die attraktivste Anlageklasse, auch wenn die Bewertung inzwischen langjährige Höchststände erreicht hat. Zumindest, solange Anleihen kaum nennenswerte Zinsen abwerfen und Kontoguthaben bestenfalls noch mit null verzinst werden, gibt es keine echten Alternativen.
Das größte Risiko für dieses Weltbild ist ein nachhaltiger Zinsanstieg, den wir aber nicht erwarten. Da eine Zinswende, die ihren Namen auch verdient aber gravierende Kollateralschäden mit sich brächte, würde sie sich selbst ihrer Existenzberechtigung berauben. Insofern wäre eine daraus resultierende Korrektur keine Trendwende am Aktienmarkt, sondern eher eine Kaufgelegenheit.
Die Veränderungsdynamik in der Wirtschaft und in einzelnen Branchen bleibt hoch. Die Corona-Pandemie wirkt als Katalysator für die Digitalisierung, die neue Geschäftsmodelle schneller entstehen und reifen lässt als früher und Herausforderungen, aber auch Chancen für etablierte Unternehmen, Absatzkanäle und Technologien bedeutet.
Deshalb geht es auch nicht darum, die Welt in Wiedereröffnungsgewinner und -verlierer oder in "Value" versus "Growth" einzuteilen, sondern die langfristigen Perspektiven von Unternehmen einzuschätzen. Die dazu erforderliche Adaption bedeutet sowohl Offenheit für neue Geschäftsmodelle als auch ein kritisches Hinterfragen der Zukunftsfähigkeit altbekannter Unternehmen - ohne dabei die wohlüberlegten Postulate unserer Investmentphilosophie in Frage zu stellen.
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Binder Manfred, MLS
allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger
Quelle: Flossbach von Storch
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